Als Woltersdorf noch Hollywood war
Joe May, ein Urgestein der Filmgeschichte, errichtete 1918 in Woltersdorf die nach ihm benannte May-Filmstadt. Im selben Jahr drehte er das achtteilige Kolossalwerk „Die Herrin der Welt“.
Die zwei mächtigen Türme des Palastes von Eschnapur thronten einst am Ufer des Kalksees. Es war die Kulisse für den Monumentalfilm „Das indische Grabmal“, welcher zu Stummfilmzeiten Welterfolge erlangte. Es folgte gleich darauf der 2. Teil „Der Tiger von Eschnapur“. Hier in Woltersdorf standen die Stars jener Zeit (u. a. Emil Jannings, Harry Piel, Lil Dagover, Mia May, Hans Alberts) vor der Kamera.
Vor den Toren Berlins gelegen ist das idyllische Woltersdorf, seit 1913 durch eine Straßenbahn mit Berlin verbunden, eine noble Adresse für die damaligen Stars. Es diente als beliebtes Ausflugsziel für die Berliner und wohlhabende Berliner ließen sich hier Villen errichten, welche zur Aufwertung des Ortes beitrugen. Den Deutschen wurde nach dem 1. Weltkrieg zum Teil verwehrt, an Originalschauplätzen zu drehen. Auch deshalb lies Joe May hier monumentale Kulissen bauen.
Es entstand so zwischen Woltersdorf und Rüdersdorf ein riesiges Filmgelände, weil die beiden Orte sich perfekt ergänzten. Der seit Jahrhunderten betriebene Kalkbruch in Rüdersdorf diente u. a. als Alpenkulisse und mit seinen schroffen Klippen bildete er dramatische Kulissen. Es gab eine Krokodilsbucht in Woltersdorf, die Filmberge und die Bevölkerung erwarb sich als Komparsen ein kleines Zubrot.
Heute ist kaum noch bekannt, dass die Nachbarorte Woltersdorf und Rüdersdorf sogar Hollywood und Babelsberg Konkurrenz zu machen drohten.
Die neu gegründete Universum-Film AG (Ufa) erwarb 1918 Anteile der May-Film GmbH um ihren Einfluss zu erhöhen, tritt diese jedoch nach einem Jahr wieder an May ab.
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 emigrierte Joe May nach London und arbeitete später in Hollywood weiter.
Bis heute wurden in der Region weit über 100 Filme gedreht. Im Woltersdorfer Aussichtsturm ist eine Dauerausstellung zur Woltersdorfer Filmgeschichte eingerichtet. Zu sehen sind vor allem Autogrammkarten, alte Fotos von Dreharbeiten, Presseveröffentlichungen, Filmausschnitte, alte Baupläne zur May-Filmstadt - Dokumente, die Historiker Gerald Ramm zusammengetragen hat.